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Abschlussbericht des Kirchenkreises Uelzen

Nachricht 11. Februar 2010

über das Projekt „Diakonie im ländlichen Raum“

Das Ziel des Projektes ist:

  • die Lebenssituation der Bewohner des ländlichen Raumes zu verbessern.
  • Diakonie im eigenen Dorf erlebbar und erfahrbar werden zu lassen.
  • Kirchengemeinden für diakonische Anliegen zu sensibilisieren und zu motivieren.
  • Kirchengemeinden zu motivieren, sich als Gemeinde im Gemeinwesen aufzustellen.

Vorrangig ist dabei, nicht für die Bewohner eines Dorfes etwas zu tun sondern mit den Bewohnern, Empowerment und Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements sind als wesentliche methodische Zugänge zu benennen. Weiter ist die Gehstruktur von besonderer methodischer Bedeutung.

Zu Beginn des Projektes wurden Sozialdaten ermittelt, gesichtet und soweit möglich für die einzelnen Gemeinden spezifiziert. Weiter wurden Gespräche mit Pastoren und Kirchenvorstehern geführt.

Im Verlauf des Projektes wurden in verschiedenen Gemeinden „Soziale Netzwerke“ als Bürgerplattformen vor Ort gegründet. Zusammen mit der jeweiligen Kirchengemeinde hat „Diakonie im ländlichen Raum“ verschiedene lokale Akteure wie Vertreter der Vereine, Politik, Kindergärten, Schulen, Jugendzentren usw. zu regelmäßigen Treffen eingeladen.

Ziel dieser Netzwerke ist die Entwicklung eines lokalen Bürgerforums und damit die Verbesserung von Kommunikations- und Beteiligungsstrukturen. Viele Elemente des „Community Organizing“ sind für den Aufbau der Netzwerke von besonderer Bedeutung.

Aus den „Sozialen Netzwerken“ heraus sind wiederum verschiedene lokale Projekte entstanden:

  • zwei bürgerschaftlich organisierte Mobilitätsangebote (ein drittes ist in Planung)
  • ein lokaler Freiwilligentag
  • eine ehrenamtlich getragene Anlaufstelle für Beratung und Nachbarschaftshilfe

Wichtig für den Aufbau der Netzwerke ist:

  • dass die Kirchengemeinde im Ort die Netzwerkarbeit inhaltlich mit trägt und nicht nur das Gemeindehaus als Tagungsort zur Verfügung stellt.
  • eine Person, die Kontakte zu Schlüsselpersonen knüpft, gegenseitiges Kennenlernen anregt, Menschen miteinander ins Gespräch bringt und als Moderatorin angestoßene Prozesse unterstützt. Es ist sicher von Vorteil, wenn diese Person von außen kommt!
  • Die Arbeit in den Netzwerken ist mit dem Einüben einer neuen „Kultur“ verbunden: Durch den grundsätzlich offenen Charakter der Gruppen ergibt sich immer wieder ein Wechsel in der Beteiligung. Ein Netzwerk hat keine Vereinsstruktur, wir können keine Beschlussfähigkeit feststellen, keine Mehrheitsentscheidungen treffen usw. – vielmehr geht es umKonsensfindung! In unserer Gesellschaft sind wir eher gewohnt, uns mit einer Meinung oder einer Idee zu profilieren, andere davon zu überzeugen, um uns dann -notfalls mit knapper Mehrheit-durchzusetzen. In der Netzwerkarbeit funktioniert dieses Prinzip nicht. Vielmehr muss in der Gruppe ein tragbarer Konsens erarbeitet werden. Das bedeutet eben auch, viele Kompromisse eingehen zu müssen. Dafür ist das, was am Ende steht –sei es eine öffentliche Meinung oder ein konkretes Projekt – ein Produkt der Gruppe! Ein solcher Prozess erfordert von allen Geduld, Zeit und Nerven, lässt aber auch Vertrauen unter den Akteuren wachsen.
  • Langfristig vollzieht sich so ein Prozess der Bewusstseinsbildung: Die Bürger erleben gemeinsam mit anderen „Ich kann etwas verändern!“ Damit erlebt sich der Mensch als handelndes Subjekt, nicht als bestimmbares Objekt. Diese Veränderung geschieht maßgeblich durch den Aufbau von Vertrauensbeziehungen untereinander und dieser Aufbau erfordert Zeit.

Erfahrungen:

Es gab viele positive Erfahrungen: Eine Gemeinde ist zum jetzigen Zeitpunkt bereit, die Netzwerkarbeit in eigener Regie fortzusetzen. Auch seitens der politischen Gemeinden und ist die Initiative der Netzwerkgründung durchweg positiv aufgenommen worden. Die Beteiligung von Akteuren der verschiedenen Vereine war rege. Die Netzwerkarbeit war produktiv und hat einige lokale Projekte hervorgebracht.

Natürlich gab es auch Schwierigkeiten: Kirchengemeinden tun sich mit einer „Öffnung in das Gemeinwesen“ teilweise schwer. Die Annahme, die Kirchengemeinde könne sich durch die Initiative der „Sozialen Netzwerke“ im Dorf profilieren und ihre Bedeutung stärken, wird von den Gemeinden nicht unbedingt geteilt. Mancherorts werden eher der zusätzliche Zeit- und Arbeitsaufwand negativ bewertet.

Gerade Kirchengemeinden im ländlichen Raum kommt in Zukunft die Aufgabe zu, milieuüberschreitend und inklusiv zu wirken. Diesbezüglich hat das Projekt eine lohnenswerte Perspektive aufgezeigt, wie sich Kirchengemeinden zum Gemeinwesen hin offen aufstellen und Menschen aus Subjekte mit Ressourcen verstehen können. So kann Diakonie ein neues Profil gewinnen und zusammenwachsen was zusammen gehört: Diakonie und Gemeinde.